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Montag, April 03, 2006

Zu Gast bei David Munyon



Ich komme eine Stunde vor Konzertbeginn. Noch ist fast niemand da. Der Gitarrenladen liegt im Souterrain; der Raum, in dem David Munyon spielen soll, ist kaum grösser als mein Wohnzimmer. In einer Ecke steht eine kleine PA, ein Stuhl und der Notenständer mit der berühmt-berüchtigten Text-Kladde. Keine Bühne. Davor, eng an der Wand, ca. 7 enge Reihen mit Bierbänken, auf der anderen Seite steht eine Reihe diagonal. An jeder Wand hängen akustische Gitarren und starren in dem Raum.

Es gibt Bier für 1,50 die Flasche, es füllt sich schnell. Um 20:45 ist alles besetzt, überall stehen Leute. Eine Art Belüftung gibt es nicht, ich habe noch einen Platz in der dritten Reihe gefunden und fange an zu schwitzen. Die Frage nach einer Toilette wird mit einem Kopfnicken Richtung Vorhang neben der Künstlerecke beantwortet. Ein 1qm-Raum, eine Kloschüssel und das wahrscheinlich kleinste Waschbecken der Welt, darüber, auf einer Ablage, ein staubiges Metall-Modell eines alten Mercedes-Coupé.

Kurz vor Beginn drehe ich mich um, Danny Dziuk steht hinter mir. Dann kommt Helge Schneider in einem Hawaii-Hemd aus der Toilette, geht zur Künstlerecke und setzt sich. Es ist tatsächlich David Munyon. Er sieht wesentlich älter aus als auf dem Cover von "Poet Wind", aber das war vor Jahren.

Der Gitarrenladeninhaber stellt ihn vor und er fängt an. Ich kann nichts sehen, da alles ebenerdig ist. Niemand kann etwas sehen, der nicht in der ersten Reihe sitzt.
Munyon spielt und singt sehr leise, so das ich nur die PA höre. Die meisten Songs kenne ich nicht, aber sie sind allesamt brilliant. Ich starre die Gitarren an.



Die Frau neben mir schüttelt ständig ihren Kopf. Ich nehme meine Basecap ab und mache meine Jack auf. Munyon spielt "Ol'55" von Tom Waits und sagt kaum etwas ausser "Thank you". Nur einmal erzählt er von seinem Guru, einer Frau mit indisch klingendem Namen, und hält ein Buch von ihr hoch. "That's all the preaching I'm going to do tonight", dann spielt er Amazing Grace. Ich rutsche auf der Bank hin und her.

Ich denke an mein Lieblingsalbum von ihm, "Down To The Wire", und stelle erstaunt fest, dass er live genauso klingt. Ich las, dass alle Songs dieses albums first takes seien, und es wundert mich nicht. David Munyon spielen zu hören ist wie anderen Menschen beim atmen zuzuschauen.

Nach etwa einer Stunde macht er eine Pause, ich hole mir noch ein Bier und gehe nach draussen, um eine Zigarette zu rauchen. Dort steht Danny mit einigen anderen Leute und wir unterhalten uns. Er gibt mir ein Päckchen Zigarettenpapier, ich kann meines in meiner Fahrradtasche nicht finden. Es ist "Muskote 100", auf der Innenseite steht: "Das höchste Gut und allein Nützliche ist die Bildung". Friedrich Schlegel.

Danny denkt, das der erstaunliche Erfolg von Tomte wohl auch mit einer neokonservativen Freude an der erfolgreichen Unternehmensführung ihres eigenen Labels zu tun habe, und ich schätze, er hat recht. Ich erzähle von meinen Plänen, einen Musikverlag zu gründen.

Unbemerkt hat David Munyon wieder angefangen. Ich denke an meinen Bierbankplatz, die schlechte Luft, und trinke mein Bier aus. Danny geht wieder runter, ich mache mich auf den Weg zur Bahnstation.

Kurz hinter dem Gitarrenladen komme ich am "Goya" vorbei. Die Säulen am Eingang sind von unten beleutet und sehen nach 3. Reich aus. Am Eingang steht eine junge Frau, die den Leuten die Tür aufhält, ich glaube, sie hat eine Art Uniform an. Neben mir hält ein Taxi. Ein Pärchen, ca. Mitte 50, steigt aus. Er trägt einen schwarzen Mantel, sie eine Pelzstola und sie hat ihre Haare hochgesteckt. Ich kann die Vorfreude in ihren Augen sehen.

2 Comments:

At 2:09 PM, Blogger Mr. Nap said...

Hat's Dir das Konzert gefallen? Hab ihn mal vor Jahren in Heidenheim in der Villa Taubenschlag gesehen. Das fand ich ganz gut. Allerdings hab ich mir nie ein Album rausgelassen.

 
At 2:32 PM, Blogger The Haarbüschel said...

Tja, wenn man das immer so sagen könnte... Um es mal kurz zu machen: Munyon war gut, aber die Laction hat mich behindert. Darum habe ich es mir auch nicht ganz angesehen.

 

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