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Samstag, November 19, 2005

no direction home



Wenn ich an meine letzte Wohnung in der Wipperstr. denke, dann sehe ich mich rauchend und biertrinkend in der Küche sitzen und ich höre Bob Dylan's 1966ger "Royal Albert Hall Concert", aber nur die erste, akustische Hälfte. Wieder und wieder. Es muss das Frühjahr 2003 gewesen sein, und irgendwie trat diese CD in mein Leben, ich glaube, sie lag bei Dussmann rum und ich wollte nicht schon wieder ohne neue Platte nach Hause kommen. Es ging mir nicht sonderlich gut während dieser Zeit, aber Bob Dylan schien das nicht zu interessieren. Trotzdem musste ich diesem Burschen zuhören, wie er diese endlos scheinenden, quälenden Soli auf der Mundharmonika spielte und so arrogant und selbstsicher war "wie 1000 Rap-Neger", wie in einer Besprechung zu lesen war. Aber da war eben auch diese Spannung zu spüren; bald würde er "Judas" geschimpft werden und die Wasserscheide war erreicht. Und ich fragte mich, wann in meinem Leben diese Punkte waren, an denen man Veränderungen festmachen konnte und wo man einfach nicht mehr zurück konnte. Vielleicht als meine Mutter damals starb? Oder als ich diese Latein-Prüfung nicht machen durfte und ich danach wochenlang das Bett nicht mehr verliess? Sagen diese Punkte einem eigentlich noch irgendwas oder sind das nur Postkarten aus der Vergangenheit, anhand derer man den gelangweilten Enkel den alten Müll näherzubringen versucht? "Forget the dead, they will not follow you", und eigentlich ist das alles scheissegal.

Ich weiss nicht genau, warum ich zuhören muss, wenn Bob Dylan singt. Ich bin auch kein Fan im klassischen Sinne, habe nur ein paar Platten, war nur auf einem Konzert, aber er gibt da etwas an ihm, das ich nicht ignorieren kann. Im schlechtesten Falle ist es eine Art von Authentizität, die aber nie behauptet hat, in irgendeiner Weise originell sein zu wollen. Aber bei Dylan sind alle Einflüsse auf einen in der Tat einzigartigen Charakter getroffen, der sich herausnimmt, mit ihnen zu machen, was er will. Vielleicht aber ist Dylan nach Johnny Cashs Ableben der Stern, an dem man sich ausrichten kann, wenn dir klare Sicht fehlt, was Dylan ja über Cash gesagt hat. Dylan selber fände den Gedanken mit Sicherheit absurd, aber geht es denn bei ihm nicht auch um das Nach-Hause-Kommen-Wollen?

Ein Gedanke, mit dem ich gut leben kann. Es gibt nicht viel Musik, die ich hören kann, wenn ich nicht mehr weiter weiss. Cash natürlich, aber dann kommt nicht mehr viel. Ausser Dylan.

1 Comments:

At 8:45 PM, Anonymous Anonym said...

Hallo Martin,

ich war auch ziemlich traurig und vergrübelt am Wochenende. Deine Nachricht von Chris Whitley hat mir irgendwie die Schuhe ausgezogen, obwohl ich nur wenig mit ihm und seiner Musik zu tun habe.

Dann war gestern Ewigkeitssonntag. Weltweit haben die Christen der Verstorbenen gedacht, auch der im Sterben Liegenden und der lebenden Toten. Und während des Gottesdienstes schien es mir irgendwann, als ob die ganze Gemeinde (oder gar die ganze Christenheit?) für Herrn Whitley bete. Für seine vorerst letzte Runde auf Erden und seinen Übergang in das Neue.

Wir sangen:
"Wir sind mitten im Leben
zum Sterben bestimmt.
Was da steht, das wird fallen.
Der Herr gibt und nimmt.

Wir gehören für immer,
dem Herrn, der uns liebt.
Was auch soll uns geschehen:
Er nimmt, und Er gibt.

Wir sind mitten im Sterben
zum Leben bestimmt.
Was da fällt, soll erstehen.
Er gibt, wenn Er nimmt."

Im Laufe des Tages gestern habe ich dieses Lied dann noch mehrmals zur Gitarre gesungen. Auch andere schöne Kirchenlieder. Und mehrmals auch Dylans "you gotta serve somebody". Und andere schöne, wohltuende Lieder.
Und das alles zunehmend mit einem Gefühl, das ich umschreiben könnte mit den Worten: "Chris Whitley stirbt nicht. Er geht in die nächste Runde."

Hast Recht, Dylan ist ein Stern, an dem man sich orientieren kann, oder eine Quelle, aus der man schöpfen kann. Ich schöpfe unter anderem sehr gerne aus seiner "saved" und der "slow train coming"... und wollen wir denn nicht alle nur nach Hause?

So, let's pressing on.
We are hanging on to a solid rock!

Liebe Grüße - Margit

 

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